Situation im weltweiten Warenverkehr News | Aktuelles | Menschen | 31.01.2023

Thomas Kilian - seit vielen Jahren Mitarbeiter bei S+P Samson - ist unser Spezialist für Versand und Exportabwicklung. Er zeigt uns auf, wie sich die aktuelle Situation hinsichtlich weltweitem Transport darstellt und gibt uns einen Ausblick auf die Zukunft im Warenverkehr.

Herr Kilian, was hatte sich in den letzten 12 – 18 Monaten verschlechtert bzw. verändert hinsichtlich Transport?

Zunächst hat die Pandemie die Wirtschaft und damit zwangsläufig die Logistiknetzte stark in Mitleidenschaft gezogen, dann kam nahtlos der russisch-ukrainische Krieg dazu. Der schon vorher akute Fahrermangel wurde dabei durch den Wegfall der osteuropäischen Fahrer verstärkt, zusätzlich sind massiv Ladekapazitäten weggefallen, und zwar bei allen drei Verkehrsträgern Land/Luft/See. In der Folge gab es eine Verknappung von Laderaum, dadurch sind Preise gestiegen und die Abwicklung war gestört. Besonders bei Seefrachtsendung nach Nordamerika, wo neben der massiv reduzierten Containerverfügbarkeit auch viele Arbeitsplätze in den Häfen abgebaut wurden, sowie nach China, das durch Abschottung (Anti-Corona) zeitweise praktisch den gesamten Warenverkehr eingestellt hatte und damit auch viele Linienverkehre der Seeschiffe nach und von Fernost eingestellt wurden, waren für uns die Auswirkungen spürbar. Ein weiterer Punkt sind die gestiegenen Energiekosten, die durch Zuschläge die Frachtpreise deutlich steigen ließen. Mit zusätzlichen Störungen, allem voran der blockiert Suez-Kanal, kam es zu einem „multiplen Organversagen“ im weltweiten Versand, dessen Aufarbeitung wegen des immensen Rückstaus sich über Monate hinzog.

Wie zeigt sich die aktuelle Lage?

Insgesamt hat sich die Lage, besonders in der Seefracht, etwas entspannt. Kapazitäten wurden wieder aufgebaut, sind allerdings bei weitem noch nicht auf dem Niveau von 2019. Der Lockdown in China hat dem Land zusätzlich geschadet. Deshalb sind die Seefrachtraten von und nach Fernost deutlich gesunken. Die Frachtraten von und nach Nordamerika sind ebenfalls gesunken. Allerdings bewirken die zeitgleich gestiegen Energie- und Produktionskosten, dass das vorherige Niveau nicht mehr erreicht wird. Das Preisniveau im Luftfrachtverkehr sinkt deutlich langsamer und im LKW-Bereich, wo der Fahrermangel latent ist, ist mit dauerhaft hohen Preisen zu rechnen. Grundsätzlich sind die Versandketten für S+P wieder besser nutzbar, allerdings sind auch die Laufzeiten der Sendungen im Schnitt länger geworden.

Wie ist Ihr Ausblick in die Zukunft?

Erholt sich die Weltwirtschaft, erholt sich auch die Logistikbranche. Und umgekehrt. Beide sind wechselseitig voneinander abhängig. Dauerhaft schwierig wird aus heutiger Sicht der LKW-Verkehr bleiben, da dem Fahrermangel noch eine Verschärfung droht. Die Attraktivität des Jobs hat sich vor Allem durch Zeit- und Kostendruck verschlechtert. Zusätzlich sind die Betriebskosten der Speditionen deutlich gestiegen. Wir bemerken das bereits mehr oder minder durch Qualitätseinbußen, selbst bei langjährigen Logistikpartnern. Oder bei Lieferanten, die bisher Lieferungen mit teils eigenen LKW durchführten und nun Ware mit Fahrzeugen aus aller Herren Länder anliefern. Bei den sogenannten KEP- (=Kurier/Express/Paket-) Diensten führen darüber hinaus Kostendruck und die stark belastende und stressige Arbeit zu einer zunehmenden Unattraktivität des Arbeitsplatzes. So sind diese Jobs mittlerweile meist durch Fahrer besetzt, mit denen eine Kommunikation durch Sprachbarrieren oft schwierig

(Foto von Frank McKenna - Unsplash: @frankiefoto)